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„Es hat einfach gepasst“

Wenige Stunden nach der Bekanntgabe, dass Alexander Blessin neuer Cheftrainer des FC St. Pauli wird, stand der 51-Jährige wie auch Sportchef Andreas Bornemann den anwesenden Medienvertreter*innen auch schon Rede und Antwort. Dabei sprachen Blessin und Bornemann u.a. über...

…die Gründe für Alexander Blessin als neuer Cheftrainer:

Andreas Bornemann: „Wir haben uns sehr früh mit der Thematik auseinandergesetzt und ein Anforderungsprofil erstellt. Da ging es darum, wer zu uns, zu dieser Mannschaft und zu der Situation, gerade in die Bundesliga aufgestiegen zu sein, passt. Zudem ging es darum, wer steht für eine gewisse Art und Weise des Fußballs, von der wir glauben, dass sie ans Millerntor passt. Bei Alex kann man sagen, dass er nahezu alle von uns an den neuen Trainer gestellten Anforderungen tatsächlich auch erfüllt. Er hat zudem auch schon mit international zusammengestellten Teams zusammengearbeitet. Bei den ersten Gesprächen wurde gegenseitige Neugier und Interesse geweckt. Wir haben uns Zeit für ein weiteres Treffen am Trainingszentrum an der Kollaustraße genommen, um ganz sicher zu sein, dass beide Seiten die richtige Entscheidung treffen. Die vertragliche Situation von Alex war für uns nicht ganz klar, gerade nach dem Pokalsieg und der Vizemeisterschaft. Wir wussten, dass wir gute Argumente haben und überzeugend sein müssen. Heute sitzt er hier und wir dürfen Alexander Blessin als neuen Cheftrainer vorstellen, worüber wir sehr froh sind.“

…die Entscheidung, Cheftrainer beim FC St. Pauli zu werden:

Alexander Blessin: „Gestern kam die Nachricht in verschiedenen Medien bereits raus und ich bin bombadiert worden mit Mails aus ganz Deutschland und Belgien. Da hieß es einfach nur ‚geiler Club‘ und ‚super Sache‘. Der Verein hat eine wahnsinnige Strahlkraft. Nach den ersten Gesprächen mit Andreas war ich neugierig und wir haben die Gespräche intensiviert. Je mehr wir gesprochen haben, umso interessanter wurde es. Jetzt sitze ich hier und freue mich wahnsinnig. Auf diese Herausforderung und dieses neue Chapter. Es gibt viele Sachen, bei denen wir klare Überschneidungen haben, und Punkte, die zu meinem Spiel passen. Fabian Hürzeler hat eine unglaublich gute Leistung hier abgeliefert. Ich bin aber kein Fabian 2.0, ich bin Alex Blessin. Man kann anhand von Statistiken sehen, dass viele Überschneidung zu erkennen sind. Ich denke, dass es einfach gut passt. Ich freue mich auf die neue Aufgabe.“

…seine Ausbildung in Leipzig und der Wechsel nach Belgien:

Alexander Blessin: „Acht Jahre schmeißt man nicht so einfach weg. Ich habe da eine sehr gute Ausbildung genossen, Ralf Rangnick, Helmut Groß und Wolfgang Geiger waren mehr oder weniger meine Ausbilder und da kann man sagen, dass es Seinesgleichen sucht. Die Frage ist, was nimmt man an und was setzt man um. Ich habe viel mitgenommen und habe mich weiterentwickelt. Man entwickelt dann auch seinen eigenen Stil. Ich bin dankbar für die Zeit. Ich bin dann rausgegangen und habe meine eigenen Erfahrungen bei KV Oostende in der ersten belgischen Liga gesammelt. Es sind nicht die besten Voraussetzungen, gleich ins Ausland in eine unbekannte Liga zu gehen. Ich hatte aber überhaupt keine Angst. Mich hat der Schritt, im professionellen Bereich Fuß zu fassen, gereizt. Oftmals wird Mut belohnt. Ich bin den Weg konsequent weitergegangen und habe ihn eigentlich nie bereut.“

…die Bundesliga als nächster Karriereschritt:

Alexander Blessin: „Es war nie der Plan, dass ich irgendwann in meiner Karriere nach Deutschland zurückgehe und dort eine Mannschaft in der Bundesliga trainiere. Man hat immer geguckt, was zu einem mit Blick auf die eigene Spielweise liegen könnte. Der Schritt, nach Italien zu gehen, war beispielsweise genau der richtige. Er hat mich weitergebracht. Ich bin ein Familienmensch und ich habe mit ihr darüber gesprochen und gesagt: Es passt einfach. Es ist eine Chance, die ich nutzen will und auf die wahnsinnig viel Lust habe.“

…Kontakt zur neuen Mannschaft:

Alexander Blessin: „Die Jungs sind noch im wohlverdienten Urlaub, ein paar verletzte Spieler haben aber schon früher angefangen. So auch Philipp Treu, den ich noch aus vergangenen Tagen kenne. Mit ihm konnte ich ein paar Worte wechseln. Alle anderen werde ich zum Trainingsstart dann kennenlernen.“

…die Argumente, die ihn vom Wechsel ans Millerntor überzeugt haben:

Alexander Blessin: „Andreas hat mir ein Video vom Stadion und der Atmosphäre gezeigt. Bei Union Saint-Gilloise hatten wir ein kleines Stadion mit ganz viel Flair. Ich liebe es, in das Stadion reinzukommen und die Stadionwurst zu riechen. Genau diese Atmosphäre haben wir hier, aber größer. Das war schon mal ein großes Faustpfand. Es war auch Art und Weise, wie unaufgeregt und locker Andreas das Thema angegangen ist und Überzeugungsarbeit geleistet hat. Letzten Endes war es dann gar keine Überzeugungsarbeit mehr. Es hat einfach gepasst. Für mich war das extrem wichtig, weil ich immer gute Beziehungen gepflegt habe, ob in Oostende, in Genua oder bei Saint-Gilloise. Es war immer ein enges Arbeiten, der Austausch ist mir sehr wichtig. Ich bin bei Andreas von Mal zu Mal bestätigt worden und bin glücklich darüber.“

…den Ausblick auf die kommende Saison:

Alexander Blessin: „Ich habe keine Angst vor jeglichen Namen. Es soll hier auch kein Abenteuer werden. Wir wollen diesen Fußball, der sehr intensiv ist und viel auch davon geprägt ist, wie wir gegen den Ball spielen wollen, zeigen. Es wird auch darum gehen, was wir mit dem Ball machen, und das hat die Mannschaft in der Vorsaison ja auch erfolgreich praktiziert. Die Frage ist natürlich, wie viele Möglichkeiten wir in der ersten Liga haben, genau dieses Potenzial auszuschöpfen. Es gilt, eine gewisse Balance zu finden, gallig und gierig zu sein und die richtige Mentalität auf den Platz zu bringen. Man hat in den letzten eineinhalb Jahren gesehen, dass da ein Team auf dem Platz steht, das die richtige Balance einfach auch gefunden hat. Mit Blick auf die erste Liga gilt es, die Balance anzupassen, weil es nicht so sein wird, dass wir genau diese Ballbesitzzeiten haben werden. Was Pressing und Gegenpressing angeht, wollen wir es von der Art und Weise beibehalten und in beide Richtungen mutig sowie aggressiv sein.“

…das inzwischen veränderte Standing des FC St. Pauli, einen international erfolgreichen Trainer verpflichten zu können:

Andreas Bornemann: „Es zeigt, dass wir über eine gewisse Zeit versucht haben, eine Entwicklung anzuschieben. Wir sind der festen Überzeugung, dass das Ende noch nicht erreicht ist. Auch in dem Wissen, dass ein Klassenerhalt in der Bundesliga eine vielleicht noch größere Herausforderung darstellt als der Bundesliga-Aufstieg. Wir wollen gemeinsam all unsere Kräfte und Möglichkeiten bündeln und da braucht es einen, der die absolute Überzeugung hat, das in seiner Rolle als Trainer leisten zu können. Wir als Verein tun alles, um das zu unterstützen. Es sagt aus, dass wir in der öffentlichen Wahrnehmung einen Schritt gemacht haben, nicht nur national, sondern vielleicht auch international. Es zeigt, dass wir uns ein Stück weit auch als ernstzunehmende Fußballmarke und Verein etablieren konnten. Wir haben mal die Etablierung in den Top25 angeschoben und sind nach zwei fünften Plätzen aufgestiegen. Der Trainer ist ein, vielleicht sogar das entscheidende Puzzleteil in dem Konstrukt. In Alex sehen wir genau dieses Teil, das uns bei den nächsten Schritten helfen kann.“

Sportchef Andreas Bornemann und Cheftrainer Alexander Blessin im Millerntor-Stadion

…den aktuellen Kader und mögliche Veränderungen:

Alexander Blessin: „Wir sind bereits im Austausch. Es ist eine Hausnummer, wenn Marcel Hartel mit seinen 30 Torbeteiligungen wegbricht. Man kann das Thema nur mit mannschaftlicher Geschlossenheit kompensieren. Die anderen Spieler müssen die zehn Prozent mehr geben, es ist gleichzeitig auch eine Chance, dass andere Spieler mehr in den Fokus treten. Wir sind im Austausch, was der Mannschaft an weiteren Möglichkeiten und Variabilität noch guttut. Das gehen wir zeitnah an.“

Andreas Bornemann: „Jetzt geht es um die Justierung. Ob es dann zwei, drei oder fünf Veränderungen und Anpassungen sind – die Teile müssen wieder gut ineinanderpassen. Als die Gespräche konkreter wurden, sind wir in die nächste Stufe gegangen. Wir haben in den letzten zwei, drei Wochen etwas bremsen müssen und unsere Entscheidungen etwas zurückgestellt, weil die freien Plätze im Kader gut mit seinen Vorstellungen und Ideen abstimmen wollen. Wir sind am Anfang der Transferperiode und haben ein Grundgerüst, mit dem wir starten können. Alex kann viele Eindrücke von der Mannschaft sammeln und schauen, wie seine Idee mit dem vorhandenen Kader umsetzbar ist. Es ist ein Prozess, der nie zu Ende ist. Wir treten jetzt in eine ganz wichtige Phase ein. Nach der Entscheidung, dass Alex unser Cheftrainer ist, geht es jetzt richtig los. Wir gehen das jetzt mit Hochdruck gemeinsam an.“

…mögliche Veränderungen im Trainerteam:

Alexander Blessin: „Die Fußballwelt ist manchmal so klein. Mit Peter Németh habe ich bei den Sportfreunden Siegen zusammengespielt. Wir haben uns bereits ausgetauscht. Ich habe auch schon weitere Staffmitglieder kennengelernt. Bisher sieht es sehr gut aus. Wir werden sicherlich drüber reden, wo nach Bedarf ist und an welchen Stellschrauben wir drehen müssen.“

Andreas Bornemann: „Peter Németh wird bleiben, so ist der jetzige Stand. Wir haben die Unsicherheit, dass vielleicht noch jemand Fabian nach Brighton begleitet. Das betrifft Marco Knoop. Es ist noch nicht entschieden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit ist aber vorhanden. Die finale Entscheidung, wer Co-Trainer oder Torwarttrainer wird, trifft der Cheftrainer. Das muss so sein. Es ist eine schöne Fügung, dass sich Alex und Peter kennen und schätzen. Wir haben Alex die Möglichkeit eingeräumt, über einen weiteren Co-Trainer oder ein weiteres Teammitglied nachzudenken. Sollte uns Marco verlassen, womit wir uns schon eine Weile befassen, dann müssen wir die Lücke bestmöglich schließen.“

…den Wechsel von Fabian Hürzeler zu Brighton & Hove Albion:

Andreas Bornemann: „Als Brighton aufkam, wusste ich, dass es eng wird. Da will ich ehrlich sein. Fabian hat hier eineinhalb Jahre als Cheftrainer und zweieinhalb Jahre als Co-Trainer einen unfassbar guten Job gemacht. Er hat sich in einem rasanten Tempo mit einer klaren Handschrift einen Namen gemacht. Für ihn hat sich nun diese Möglichkeit, die ihm ein Stück weit wie auf den Leib geschnitten ist, aufgetan. Natürlich war es aber schade, dass es so gekommen ist. Ich akzeptiere die Entscheidung nicht nur, ich respektiere sie.“

 

(hb)

Fotos: FC St. Pauli

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