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"Wir müssen aufhören, immer über das Thema Aufstieg zu reden"

Bevor sich unser Präsident Oke Göttlich in die Weihnachtsferien verabschiedete, sprach er mit Pressevertreter*innen ausführlich über die Herausforderungen und Höhepunkte des auslaufenden Jahres sowie die aktuellen Themen rund um den Fußball und den FC St. Pauli. Dabei sprach Göttlich u.a. über…

…die sportliche Bilanz 2021: "Es gibt keinen Grund, mit diesem Jahr unzufrieden zu sein. Wir haben ein kleines Licht angezündet und mit diesem Licht wollen wir weitere kleine Lichter anzünden. Als wir vor einem Jahr auf Platz 17 standen, haben wir überlegt, wie wir mit den im sportlichen Bereich zuständigen Kollegen das Beste daraus machen. Dieses Momentum müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen, denn damals haben wir uns genau die Fragen gestellt, die sich ein Fußballclub permanent stellen sollte: Wie kann man es besser machen? Es wäre jetzt der größte Fehler, keine unangenehmen Fragen mehr zu stellen und keine möglicherweise schmerzhaften Entscheidungen mehr zu treffen. Man muss immer versuchen, die Dinge noch besser aufzustellen."

…den Fußball, den der FC St. Pauli aktuell spielt: "Wir wollen Fußball spielen, um Spiele zu gewinnen, und nicht um Spiele nicht zu verlieren. Diesen Weg haben wir schon vor längerer Zeit eingeschlagen. Ich möchte nochmal betonen, dass wir alle Lust auf die Arbeit haben. Das liegt einerseits an der Spielweise, für die wir allen Beteiligten sehr dankbar sind, das andere ist aber auch die charakterliche Zusammenstellung des Kaders. Denn es ist nicht nur das Fußballerische, was beeindruckend ist, sondern es ist auch charakterlich ein Team, das so gut wie selten zu unserem Viertel, unseren Ideen und unseren Werten passt. Wir haben Lust, mit allen Beteiligten durch dick und dünn zu gehen. Auch dann, wenn wir Spiele verlieren sollten, nicht den Mut zu verlieren. Das haben wir im letzten Winter bewiesen und das werden wir auch weiterhin beweisen, weil die Chemie gerade wahnsinnig gut ist."

…mögliche Störfaktoren: "Ein größerer Störfaktor könnte nur darin liegen, dass eine Unzufriedenheit aufkommt, aufgrund von Entscheidungen, die dann größere Dinge infrage stellt. Da müssen wir aufpassen. Es können Verletzungen kommen, es können wahnwitzig attraktive Angebote kommen, es können Dinge passieren, die erst einmal nicht verstanden werden. Es darf sich dann kein Misstrauen ausbreiten, was zersetzend wird. Wir haben in unserer Führungsebene sehr großes Vertrauen in die handelnden Personen. Alle, die jetzt für irgendetwas gelobt werden, dürfen in der Rückrunde beweisen, dass es auch nachhaltig ist."

…die Zuschauerplanungen für die laufende Saison: "Ein Lockdown ist nicht schön. Aber eine gesundheitliche Maßnahme, die getroffen werden muss, ist im Zweifel wichtiger als alle Unterhaltungsaktivitäten, zu denen auch der Fußball gehört. Ein Lockdown, der alle Zuschauer und Fans wieder ausschließt, wäre sehr schade, weil diese für uns ein wesentliches Element sind, um dem Team noch ein paar Prozente mehr mitzugeben.  Die Jungs, die jetzt für uns auf dem Rasen stehen, hätten ein volles Millerntor-Stadion richtig verdient. Ein Lockdown wäre das Gegenteil davon, dennoch werden wir alles dafür tun, gut Fußball zu spielen. Selbstverständlich sind wir darauf angewiesen, möglichst viele Einnahmen aus dem Zuschauer*innen-Bereich zu haben. Falls wir das nicht gewährleisten können, hat der FC St. Pauli in den letzten Jahren extrem hart daran gearbeitet, sämtliches Tafelsilber bei sich im Schrank zu haben. Diese Situation haben nicht so viele Vereine."

…den Stand beim Thema Besondere Vertreter*innen: "Das werden wir uns anschauen, wenn wir in die weiteren Planungen für diese und die nächsten Spielzeiten gehen. Wir werden eine Aufstellung finden, die diesem Verein angemessen ist, sowohl von der Anzahl als auch den Personen her. Das Hauptanliegen ist, das ehrenamtliche Präsidium zu entlasten und dass wir in dieser wahnsinnig agilen Welt, wo aktuell fast jede Woche etwas anderes gilt, entsprechend schnell Entscheidungen treffen können. Das, was die ehrenamtlichen Personen, also Aufsichtsrät*innen und Präsidiumsmitglieder, in den letzten zwei Jahren in der Pandemie leisten, ist kein Modell, was der FC St. Pauli in den nächsten Jahren durchgängig durchhalten kann – und zwar personenunabhängig."

…die infrastrukturelle Weiterentwicklung des NLZ: "Ich danke meinen Kollegen Jochen Winand und Kolja Dickmann an dieser Stelle dafür, was sie gemeinsam mit der Stadt auf die richtige Bahn schieben konnten. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir die richtigen Schritte gehen können, um bald eine Entscheidung zu erzielen. Ich danke auch der Stadt ganz besonders für ihre Hilfe, das ist nicht selbstverständlich.“

…Pläne zu einem Genossenschaftsmodell: "Das ist ein Thema, was sehr nah an dem ist, was wir als Verein leben und eine Finanzierungsmöglichkeit für größere Ausgaben, die man unter Umständen mit weiteren infrastrukturellen Maßnahmen hätte. Wenn sich das steuerlich und rechtlich gut ausgehen kann, ist das mit Sicherheit ein Modell, das wir immer wieder bei uns auf dem Schreibtisch haben."

…Nachhaltigkeit: "Das ist ein wichtiges Thema für den Verein, nicht nur im Merchandising, sondern auch in anderen Sektoren. Wir haben in der DFL mit der Taskforce sehr klare Zeichen gesetzt, aber der FC St. Pauli wird nicht warten, bis die DFL uns sagt, was wir zu tun haben. Wir haben richtig Bock, voranzugehen und eine Lokomotive, statt nur ein Abteil zu sein."

…die zukünftige DFL-Spitze: "Ich habe ein sehr gutes und angenehmes Gespräch mit Donata Hopfen geführt. Ich finde es gut, dass die DFL ein sehr gut arbeitendes Hauptamt hat und ich finde es auch sehr gut, dass wir neue Impulse von außen bekommen. Der Dialog innerhalb der DFL, vielleicht auch durch die Teilnahme an dem einen oder anderen Gremium, führt dazu, dass wir solche Ergebnisse wie Nachhaltigkeit, 50+1 aber auch Financial Fairplay auf UEFA-Ebene haben. Da ist der FC St. Pauli in den Gremien kein leiser Vertreter. Es macht Spaß, dass wir dort Dinge bewegen können. Das wollen wir weiterhin tun und ich bin mir sicher, dass Donata Hopfen eine gute und zukunftsgewandte Gesprächspartnerin sein wird, die in der DFL neue strategische Themen setzen wird."

…die Lage des DFB: "Es ist eine ganz schwere Situation. Am Ende geht es darum, den Verband so zu organisieren, dass es nicht nur um Posten geht. Dieser Verband hat mehr verdient und hat deutlich mehr an Strahlkraft, als er in den letzten Jahren präsentiert hat. Mir tut es in der Seele weh, dass man im DFB nicht mutig nach vorne und Dinge wirklich anders denkt. Ein Organismus verändert sich jeden Tag und so müssen sich auch Organisationen verändern, dem sind wir ja gerade akut durch die ständigen Veränderungen aufgrund der pandemischen ausgesetzt."

…der Vergleich der Jahre 2020 und 2021: "Der größte Unterschied ist natürlich, dass wir momentan aus einer anderen sportlichen Position Entscheidungen treffen. Die Themen bleiben aber die gleichen: Wie verbessern wir Infrastruktur und Organisation. Im besten Fall läuft das nicht groß unterschiedlich, aber man kann sich natürlich nicht davon befreien, dass es auf Tabellenplatz 17 unter einem wahnsinnigen Druck passiert und jetzt gerade mit ein bisschen mehr Rückenwind. 2019/20 war eine Saison des Umbruchs. Jos Luhukay hat hier einigen ein Stück weit die Augen geöffnet und ich lasse auch die Geschichte nicht gelten, dass er nur Schutt und Asche hinterlassen hätte. Das ist nicht wahr. Ich bin Jos Luhukay sehr dankbar für die Zeit, in der er hier gewesen ist, weil er uns gelehrt hat, Dinge auch mal deutlich anzusprechen."

…Wünsche für 2022: "Der größte Wunsch ist, dass wir wahnsinnig viele Menschen im Stadion und um den FC St. Pauli herum glücklich machen können. Und selbstverständlich wünsche ich mir für das Jahr, dass die Menschen gesund bleiben und wir die Pandemie durch Impfungen und weitere Vorsichtsmaßnahmen besser eingedämmt bekommen."

…die Bedeutung eines möglichen Aufstiegs: "Wir müssen aufhören, immer über das Thema Aufstieg zu reden. Wir müssen anfangen, darüber zu sprechen, welche Arbeit wir täglich erledigen. Wir wollen den größtmöglichen sportlichen Erfolg, weil wir dann eine viel größere Wirkung mit all unseren Themen haben, auch in Bereiche hinein, die gesellschaftlich relevant sind. Dazu ist der Fußball unsere Plattform, mit der wir erfolgreich sein wollen. Es ist schön, dass wir das gerade sind, aber der Weg dahin ist jeden Tag mit vielen Entscheidungen gepflastert."

…die Wiederwahl des Präsidiums auf der Mitgliederversammlung: "Ich habe es schon mal gesagt: Eine 98-prozentige Impfquote wäre mir lieber als ein 98-prozentiger Wahlerfolg. Ich bin den Mitgliedern sehr dankbar und sehe das vor allem für das ganze Präsidiums-Team, dass erkannt wird, wie viel dort geleistet wird. Mich macht dieses Team wahnsinnig stolz, aber auch die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat und den hauptamtlichen Kolleg*innen. Wir haben ein sehr gutes Vertrauen zueinander und können dem Sport damit den Rücken freihalten. Das wollen wir auch weiterhin tun."

 

(hbü)

Fotos: FC St. Pauli / Witters

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