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Schwedler: „In den nächsten Jahren werden wir als Verein weitere Weichen stellen müssen.“

Bei der Mitgliederversammlung berichtete Sandra Schwedler für den Aufsichtsrat und blickte generell zufrieden auf die Entwicklung des Vereins in den vergangenen Jahren zurück. Sie sprach über die Entscheidung für die Hauptamtlichkeit im Präsidium, widmete sich aber auch der finanziellen und sportlichen Entwicklung und dabei auch der Beurlaubung von Trainer Timo Schultz.

Noch vor ihrem Bericht für den Aufsichtsrat, nämlich gleich zu Beginn der Mitgliederversammlung, hatte Sandra Schwedler im Namen des Aufsichtsrats und Ehrenrats einige einleitende Worte an die anwesenden Mitglieder gerichtet. „Die Mitgliederversammlung kann und soll ein Ort sein, an dem auch strittige Entscheidungen hinterfragt und diskutiert werden. Die Freistellung von Timo Schultz als Trainer der Lizenzmannschaft hat unseren Verein ordentlich durchgerüttelt. Denn Timo ist nicht einfach nur ein Trainer, er ist St. Paulianer durch und durch. Und er ist ein Mensch, den viele von uns hier außerordentlich schätzen. Enttäuschung und Unverständnis über die Entscheidung sind groß. Das sehen wir, das hören wir, das fühlen wir. Wir wissen, dass der Wunsch nach einer Aussprache gegeben ist. Wir bitten alle St. Paulianer*innen, dabei fair miteinander umzugehen, sich gegenseitig zuzuhören und – trotz aller Emotionen, aller Sorgen, Wünsche und Sympathien – möglichst sachlich zu bleiben. Das Wohl des Vereins sollte immer im Fokus unserer Diskussionen stehen, denn es geht um unseren FC St. Pauli, für den wir alle nur das Beste wollen“, hatte die Aufsichtsratsvorsitzende der Mitgliederversammlung mit den Weg gegeben.

In ihrem späteren Bericht für Aufsichtsrat blickte Schwedler auf die zurückliegende Amtszeit und vier von vielen Veränderungen in und um unseren Verein herum geprägten Jahren. „Einige Veränderungen haben wir aktiv angestoßen, andere wiederum prasselten von außen auf uns ein und wir konnten nur reagieren. Eine dieser aktiv angestoßenen Veränderungen – eine viel beachtete und diskutierte – war die Entscheidung, mit Teilen des Präsidiums hauptamtliche Verträge zu schließen. Zum 1. Juli wurde Oke zum hauptamtlichen Präsidenten, Carsten und Christiane wurden zu teilhauptamtlichen Mitgliedern des Präsidiums ernannt. Geplant ist, Bernd von Geldern sowie Andreas Bornemann zu besonderen Vertretern zu machen. Die Entscheidung für die Hauptamtlichkeit war und ist wichtig und richtig“, so die Aufsichtsratsvorsitzende.

Zum Zeitpunkt der Wahl des Präsidiums war der Aufsichtsrat überzeugt, dass es weiterhin eine komplett ehrenamtliche Amtszeit geben werde. Dies entpuppte sich laut Schwedler aber drei Monate nach der Wahl - nach einer genaueren Analyse des Vereins durch das Präsidium - als Fehleinschätzung. „Wir mussten feststellen, dass wir als Aufsichtsrat zu jener Zeit zu reaktiv und punktuell agierten. Wir haben daraus gelernt, sodass wir den Prozess rund um die Hauptamtlichkeit inzwischen eng begleiten. Beispielsweise durch regelmäßige Mitarbeiter*innengespräche, um herauszufinden, ob weitere Anpassungen notwendig sind. Denn der Aufsichtsrat ist nun Arbeitgeber und die Ausgestaltung dieser neuen Rolle wird auch den zukünftigen Aufsichtsrat in den kommenden Monaten fordern.“

Schwedler berichtete anschließend von der Entwicklung sowie Umsetzung von Führungsprinzipien und von der Frage, wie der FC St. Pauli ein Verein wird, in dem alle gut und gerne arbeiten. „Gut und gerne in Einklang zu bringen, das ist unser Ziel. Denn unserer Meinung nach schließen sich Leistung, Erfolg und Wohlfühlen nicht aus – im Gegenteil. Das eine kann das andere stärken. Wir freuen uns sehr, dass dieses Projekt nun Fahrt aufnimmt und hoffentlich schon bald eine Veränderung für die Mitarbeiter*innen spürbar ist. 

Unsere Aufsichtsratsvorsitzende widmete anschließend der sportlichen Entwicklung, die „in den letzten Wochen an keinem Mitglied oder Fan spurlos“ vorbeigegangen seien. Sie legte dabei noch mal die grundsätzliche Arbeit des Aufsichtsrates dar, wie das kritische Hinterfragen angedachter Entscheidungen des Präsidiums oder der Geschäftsbereichsleiter beispielweise, sprach aber auch von gemeinsam abgestimmten und festgelegten Zielen für den Verein. „Unsere Aufgabe ist es, Entscheidungen und Handlungen insbesondere hinsichtlich genau dieser Ziele und Werte zu prüfen. Diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst. Wir diskutieren und treiben Themen für den Verein voran, oftmals sehr leidenschaftlich und lautstark – aber stets intern. Unsere Arbeit findet nicht in der Öffentlichkeit statt“, betonte sie.

Hinsichtlich der Freistellung von Trainer Timo Schultz erklärte sie: „Kontinuität ist für uns im Verein ein wichtiges Ziel. Wir dürfen aber nicht die Augen davor verschließen, dass im Lizenzbereich die Zeit begrenzt und das Leistungsprinzip vorherrschend ist. Die (Spiel-)Zeit ist gnadenlos: Am Ende der Saison wird abgerechnet, eine Korrektur ist dann unmöglich. Was wir uns als Verantwortliche eingestehen müssen: Wir sind aktuell nicht in der Lage, einen Trainer vereinsintern so zu entwickeln, dass die Ergebnisse längerfristig zu den Zielen des Vereins passen. Für uns als Aufsichtsrat ist aber genau das erstrebenswert, wenngleich auch nicht unbedingt leicht zu erreichen. Wir wünschen uns, dass wir schnellstmöglich die untere Tabellenregion verlassen und uns mittelfristig da etablieren, wo wir sein wollen: unter den Top 25 des deutschen Profi-Fußballs“, so Schwedler, die hinzufügte: „Auch für die U23 wünschen wir, dass es einen fulminanten Start im Februar gibt und der Verbleib in der Regionalliga gesichert wird. So sind bereits unsere 1. Frauen auf einem guten Weg zum Klassenerhalt in der Regionalliga.“

Hinsichtlich der finanziellen Situation stellte Schwedler anschließend klar, dass der Verein „weiterhin finanziell solide aufgestellt“ sei und im vergangenen Geschäftsjahr „kein Tafelsilber veräußert“ werden musste. Sie betonte aber: „Unser geschmolzenes Eigenkapital und die Darlehensaufnahmen der letzten Jahre zur Liquiditätssicherung werden uns noch lange begleiten. Und natürlich gehen auch die gestiegenen Energiepreise sowie die Inflation nicht spurlos an uns vorüber. In den nächsten Jahren werden wir als Verein weitere Weichen stellen müssen, um unsere Unabhängigkeit langfristig zu wahren. Nicht zu vergessen ist, dass wir ein großes Bauprojekt vor der Brust haben: ein neues Nachwuchsleitungszentrum. Auch hier müssen wir als Verein kluge Entscheidungen treffen, um die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen.“ Sie fügte hinzu: „Nicht alle Vereine in Deutschland treffen solch kluge Entscheidungen, wenn es um Geldbeschaffungsmaßnahmen geht und verzerren dadurch den Wettbewerb. Deswegen wird es für uns immer wichtiger, uns für einen fairen Wettbewerb einzusetzen und die anderen Vereine an ihre gesellschaftliche Verantwortung zu erinnern. An dieser Stelle ein Dank an Oke für seine Arbeit im DFL-Präsidium.“

Vor einem Abstieg in die 3. Liga warnte Schwedler dann. Die 3. Liga sei „mehr als eine Herausforderung“ - auch in finanzieller Hinsicht. „Wir würden überleben – aber der Preis dafür wäre sehr hoch und würde zulasten von Menschen und Inhalten gehen. Wir sind ein Profi-Fußballverein, ein Breitensportverein, ein Arbeitgeber für viele Hundert Menschen. Und wir sind – als Aufsichtsrat, aber auch als Mitglieder – mit dafür verantwortlich, dass das noch lange so bleibt“, betonte die Aufsichtsratsvorsitzende, die kurz vor dem Ende ihres Berichtes zufrieden auf die generelle Entwicklung des Vereins in den vergangenen Jahren zurückblickte: „Der Verein ist mittlerweile in vielen Bereichen professionell aufgestellt und neue Themen, wie zum Beispiel das Thema Nachhaltigkeit, wurden angestoßen. 'Not perfect, but better' passt da sehr gut und das weit über das Thema Nachhaltigkeit hinaus. Unser Dank geht hier an unsere Mitarbeiter*innen, die Tag für Tag dafür Sorge tragen, dass wir ein kleines bisschen besser werden.“

Bevor unsere Aufsichtsratsvorsitzende abschließend die Entlastung des Präsidiums für das abgelaufene Geschäftsjahr beantragte, verteilte sie erst noch ein große Lob. „Wir finden toll, mit wieviel Herzblut und Energie Menschen, Gruppen oder Abteilungen die unterschiedlichsten gesellschaftspolitischen oder sozialen Themen platzieren und Inhalte voranbringen. Wir danken allen, die sich in und um unseren Verein engagieren. Ohne Euch wäre der Verein nicht das, was er ist.“

 

Fotos: FC St. Pauli

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